Fad, langweilig, verstaubt?
Die Vorurteile und Klischees zum Rechnungswesen reichen von fad, langweilig, verstaubt, hemdsärmelig bis hin zu lauter Erbsenzähler_innen (siehe auch: Rechnungswesen – langweilig und fad – was haben Sie davon?). Ich könnte Ihnen jetzt sagen „Nein, das Rechnungswesen ist spannend, aufregend, vielfältig, modern und so aktivierend“, würden Sie mir glauben? Wohl eher nicht, aber sehen Sie selbst: Wir befinden uns in einem riesigen Entwicklungsschritt der Digitalisierung und Automatisierung in den meisten Unternehmen und das, auch im Rechnungswesen. Die „verstaubten“ Belege sind Vergangenheit und die manuelle Vorkontierung von Buchungen ist obsolet. Im Rechnungswesen hält nun ein Workflow Einzug, der oft schon vollautomatisiert abläuft.
Zahlen und Daten verstehen muss jede/r!
Jetzt ist es ok, wenn Sie sagen, Sie arbeiten nicht im Rechnungswesen, aber darum geht es gar nicht. In jeder Abteilung und Organisationseinheit eines Unternehmens gibt es Zahlen, Daten und Fakten. Diese Zahlen und Daten zu erstellen ist eine Sache, diese Zahlen und Daten aber zu verstehen und korrekt zu interpretieren eine andere.
Das Rechnungswesen eines Unternehmens hat viele Schnittstellen innerhalb und auch außerhalb des Unternehmens. Diese Schnittstellen haben nicht unbedingt mehr nur mit Buchungssätzen oder Belegen zu tun. Abläufe, Prozesse und Datenmengen kommen und gehen vom Rechnungswesen in alle Abteilungen. Früher manuell durchgeführte Buchungen oder Analysen werden zunehmend durch automatisierte Prozesse und Workflows abgelöst.
90 % der Arbeitsabläufe könnten automatisiert ablaufen
So ist es mittlerweile Fakt, dass bereits 90 % der Arbeitsabläufe in einer Buchhaltung automatisiert laufen können (KPMG, 2021). Begriffe wie Robotics, Künstliche Intelligenz und Artificial Intelligence, Big Data oder Business Process Management gehören dadurch ebenso zur Fachsprache im Rechnungswesen, wie Bilanz, Buchung oder Gewinn- und Verlustrechnung.
Neue Karrierewege
Neue Karrierewege eröffnen neue Perspektiven: für die Fachexpert_innen im Rechnungswesen ebenso, wie für Datenexpert_innen, die für die fehlerfreie Verarbeitung und sichere Datenschnittstellen verantwortlich sind (BÖB, 2022). Das bringt eine Veränderung der Rollen im Unternehmen mit sich, aber ebenso eine Veränderung der Kompetenzen im Rechnungswesen und in den anderen Fachabteilungen.
Die Fachexpert_innen werden sich Aufgaben wie Planung, Budgetierung oder Controlling widmen, die manuellen Tätigkeiten werden verschwinden (König, 2020). Fachliche Kompetenzen und die Soft-Skills wie Empathie, Kreativität oder Flexibilität bleiben wichtig wie eh und je. Durch den Fortschritt der Digitalisierung werden aber Kompetenzen wie Problemlösung, Selbstmanagement, Kollaboration oder Technikanwendung und -entwicklung auch im Bereich Rechnungswesen immer wichtiger (Weforum, 2020). Diese neuen Anforderungen gibt es aber nicht nur direkt im Rechnungswesen, sondern auch in den „belieferten“ Abteilungen. Neue Berufsbilder, wie eben Datenexpert_innen, Business Partner_innen oder Digital Translators erobern den „eingestaubten“ Fachbereich der klassischen Buchhaltung und der Kostenrechnung. Was alle gemeinsam haben, ist das Wissen über die Grundlagen im Rechnungswesen. Auch digitale Expert_innen müssen die Hintergründe verstehen und bei Anwendungsfällen die Korrektheit erkennen.
Und genau hier kommen Sie ins Spiel: Als zukünftige Absolvent_innen werden Sie Positionen innehaben, wo genau diese Grundlagen Ihre Expertise darstellen, auf die Sie aufbauen können. Ganz egal in welchem Tätigkeitsbereich eines Unternehmens Sie ankommen, Sie werden die Kompetenz im Rechnungswesen gewinnbringend einsetzen und immer zu Ihrem Vorteil nutzen können.
Viel Freude beim Entdecken der Zahlenwelt!
Literatur:
KPMG AG, 2021, Digitalisierung im Rechnungswesen 2021
BÖB, 2022, Wissensnetzwerk für Rechnungswesen in KMU, Ausgabe 89/22, Traisen
https://www.weforum.org/agenda/2020/10/top-10-work-skills-of-tomorrow-how-long-it-takes-to-learn-them/ (Abruf am 28.7.22, 12:58)
König Nicole, 2020, Vom Hochschulstudium in die Praxis der Buchhaltung, FH Wien der WKW, Wien.