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Was die Generation Z braucht und wir anderen schon immer haben wollten

Die Problematik am Arbeitsmarkt ist bekannt: Es stehen zu wenige gut qualifizierte Bewerber_innen für offene Stellen zur Verfügung. Schon stehen 68 „Mangelberufe“ auf der Liste – Berufe bei denen offene Stellen einfach nicht besetzt werden können. Der Arbeitsmarkt verändert sich von einem Nachfrage- in einen Anbieter_innenmarkt. Längst ist es nicht mehr nur der „War for talents“, der Kampf um fachlich versierte, talentierte Nachwuchskräfte. Nein, schon jetzt freuen sich Personalverantwortliche in vielen Betrieben über jede Bewerbung, die wenigstens in groben Zügen den Anforderungen einer Stelle entspricht. Bewerber_innen, die offen dafür sind, im neuen Job dazu zu lernen, was sie nicht mitbringen, werden vielerorts mit offenen Armen empfangen.

Eine Geisteshaltung, wonach sich Bewerber_innen freuen können, wenn sie eingeladen werden, ist nicht erst jetzt absolut fehl am Platz.

Sollten die Unternehmen also schon jetzt für die Generation Z (geboren zwischen 1995 und 2010) den roten Teppich ausrollen, um für die umworbenen zukünftigen Mitarbeiter_innen attraktiv zu sein?  Das würde voraussetzen, dass wir wissen, was die jungen Menschen wollen und welche Bedürfnisse sie zu guter Arbeit motivieren. Dabei sollten sich Unternehmen schon sehr ernsthaft dafür interessieren. Denn eine Geisteshaltung, wonach sich Bewerber_innen freuen können, wenn sie eingeladen werden, ist nicht erst jetzt absolut fehl am Platz. Sowas zeigt nur, dass die Lage nicht richtig eingeschätzt wird und dass man den Expert_innen in den HR-Abteilungen nicht gut zuhört.

Was brauchen (junge) Leute, damit sie gern und gut arbeiten?

Gehen wir also der Frage nach: Was brauchen (junge) Leute, damit sie gern und gut arbeiten? Welche Bedürfnisse treiben sie an, was interessiert sie an der Arbeit, wann identifizieren sie sich mit dem Unternehmen, was lässt sie auch in schwierigen Zeiten, in einer Krise in der Arbeit am Ball bleiben? Geregelte Arbeitszeiten, mobil-flexibles Arbeiten, Sabbaticals, faire Entlohnung und/oder die 4-Tage Woche sind da nur die Spitze des Eisbergs, die wir schon aus den Trendstudien zur Generation Z kennen. Aber an der Basis des Eisbergs, tief unter der Wasseroberfläche, schwimmen oft im Dunklen psychologische Bedürfnisse, wie das nach Sinn, nach Autonomie und Handlungsfreiheit, nach abwechslungsreichen Tätigkeiten, nach Sicherheit, nach Zugehörigkeit, nach dem Gefühl gehört zu werden, als Mensch wertgeschätzt zu werden und ein wichtiger Teil eines größeren Ganzen zu sein. 

4 Lösungsansätze aus der Werkzeugkiste der Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie

Wenn wir gute Leute gewinnen und halten wollen – und das gilt keineswegs nur für die Generation Z- sondern auch für die GenX-ler_innen und GenY-psilonier_innen- werden wir in Zukunft wohl die wirtschaftspsychologische Wissens-Klaviatur rauf und runterspielen. Hier vier Lösungsansätze aus der Werkzeugkiste der Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie, die mit klugen Managementmethoden in jedem Betrieb zukünftig für eine stabile Basis sorgen können: 

  • Die Förderung der psychischen Gesundheit „ohne Wenn und Aber“

Niemand, auch nicht die Generation Z will mit 35 „frustriert“, mit 40 „ausgebrannt“ mit 50 „abgewrackt“ sein. Dazu braucht es aber mehr als das Arbeitsschutzgesetz und ein paar halbherzige Maßnahmen zur Gesundheitsförderung in den Betrieben. Es braucht einen Kulturwandel. Der muss von Führungskräften getragen werden, die es sich, ob ihrer menschlichen Reife, locker leisten können auf Machtgehabe und politische Spiele, die sie in gutem Licht erscheinen lassen, zu verzichten. Für einen Kulturwandel braucht es Führungskräfte, die jedenfalls auch eine Vision vom humanen Arbeitsplatz der Zukunft entwickelt haben und diese auch glaubhaft rüberbringen – einem Arbeitsplatz, an dem es Freude und Sinn macht, sich zu engagieren.

  • Verbindungen schaffen als zentrale Onboarding-Maßnahme

Nicht die Kenntnis, wie man seinen Urlaub beantragt oder administrative Abläufe ordentlich einhält, damit es die Serviceabteilungen mit den „Neuen“ leichter haben, sondern die offensive Gestaltung von Bekanntschaften, die Förderung freundschaftlicher, kollegialer Beziehungen steht im Zentrum der ersten Zeit im Unternehmen. Es geht nicht um eine Anpassung der „Neuen“ an die anderen. Wo würde denn da der frische Wind bleiben? Es geht um Inklusion, die Einbindung in die sozialen Netze der Organisation, das Kennenlernen und den Austausch über die Arbeit in allen Facetten (online wie offline). Neue sind erst dann gut angekommen und leistungsfähig, wenn sie sich nicht mehr darum kümmern müssen, wo das nächste Fettnäpfchen steht, wenn sie nicht ihre eigene Individualität aufgeben müssen, sondern den eigenen Platz inmitten der anderen gefunden haben. Dabei dürfen wir die Neuen nicht einfach zufällig den eventuell unzufriedenen Kolleg_innen überlassen. Nein, da macht sich eine vom Unternehmen beauftragte Mentorin in den ersten Wochen tausendfach bezahlt.

  • Beziehungs- und Bedürfnisorientierung der Führungskräfte trainieren

Bereits in den 1960 Jahren, also vor mehr als einem halben Jahrhundert haben Robert Blake und Jane Mouton ihr „Verhaltensgitter-Modell“ erstmals publiziert. Damals galt es als innovativ, Führungskräfte darin zu schulen ihr Verhalten nicht nur an den Aufgaben und Zielen auszurichten, sondern im gleichen Ausmaß ihr Verhalten an den Menschen, den Bedürfnissen der Mitarbeiter_innen auszurichten. Angesichts der zukünftigen Herausforderungen mit Blick auf gutes Personal, wage ich zu behaupten, dass heute durchaus eine klare Priorisierung angesagt ist: Zuerst einmal müssen wir verstehen, was diese Menschen brauchen und wollen, damit wir überhaupt in die Situation gelangen können, mit ihnen Aufgaben, Projekte und herausfordernde strategische Ziele zu erreichen.

  • Lernen am Arbeitsplatz und im Team zum fixen Bestandteil der Jobs machen

Sich selbst als kompetent und leistungsfähig zu erleben steigert unsere Motivation (siehe dazu auch der Blog zur Motivationsförderung). Nicht nur neue und junge Mitarbeiter_innen wollen und müssen sich weiterentwickeln. Damit es müheloser und stressfreier gelingt, sich sicher und kompetent in der neuen oder veränderten Aufgabe zu fühlen, braucht es mehr Weiterbildung „on the job“. Dabei sind flexible Angebote, die in kleinen Dosen erworben werden und den Lerntransfer „into the job“ gleich mit sichern, unerlässlich. An guten virtuellen Bildungsangeboten, die dafür erforderlich sind, mangelt es nicht.

Seit kurzem können auch außerordentlich Studierende an der FernFH, berufsbegleitend, einfach zugänglich, großteils online, beruflich relevante Kompetenzen auf hohem Niveau aus einem der qualitätsgesicherten Studienprogramme erwerben. Mit unseren Micro-Credential Angeboten wenden wir uns an Menschen mitten im Berufsleben, die berufsbegleitend, praxisnahe, umsetzungsorientiert beruflich relevante Kompetenzen aus einem qualitätsgesicherten Studienprogramm erwerben wollen. Die derzeit angebotenen Themenfelder umfassen Betriebswirtschaft und Ökonomie, Daten, Informationssysteme und IT-Management, Digital Business, Gesundheitswesen, Psychologie, Softwareentwicklung und Wissenschaften Allgemein und werden bei Bedarf weiter ausgebaut. Auf der FernFH Webseite finden Sie mehr Informationen dazu

Gutes Personal für die Zukunft unserer Unternehmen gewinnen und halten

Gutes Personal für die Zukunft unserer Unternehmen gewinnen und halten, heißt also – auf den Punkt gebracht-  Grundbedürfnisse der Mitarbeiter_innen zu identifizieren, ernst zu nehmen und die Arbeitsbedingungen und Arbeitsplätze konsequent auf Gesundheit, Entwicklung und Lernen auszurichten. Wir haben es nämlich keineswegs plötzlich mit anmaßenden oder sogar leistungsfeindlichen Forderungen der „jungen Generation“ zu tun. Vielmehr dürfen wir erkennen, dass wir vieles von dem auch schon immer wollten und noch mehr davon brauchen, um gute Leistungen zu erbringen. So viel sagt uns jedenfalls auch die Theorie und Forschung in der Arbeits- und Organisationspsychologie.

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