Diskussionen sind wertvoll für das Lernen. Sei es, dass es nur einmal darum geht, zu erfahren, was die anderen von den eigenen Ideen halten oder dass wir durch gegenseitigen Austausch zu neuen Erkenntnissen gelangen und ein erweitertes Verständnis gewinnen. In Online-Kursen ist es aber echt nicht immer ganz einfach, die Kommunikation der Studierenden anzukurbeln. In so manchem Lehrveranstaltungsforum geht es recht schweigsam zu.
Spielt sich der lustvolle Austausch unserer Studierenden gar anderswo ab?
Um Kommunikation online auf einen guten Weg zu bringen und Lehrveranstaltungsinhalte in Diskussionen lebendig werden zu lassen, können wir auf wissenschaftliche Evidenz zurückgreifen. Studien, wie die von Deng und Tavares (2013), geben Einblick in Befunde, die Lehrende (aber selbstverständlich auch Studierende) kennen sollten:
Faktoren, welche eine Wirkung darauf haben, wie und ob sich Studierende an einer Online-Diskussion aktiv beteiligen:
- Individuelle Faktoren wie das Vorwissen zum Thema, eine positive Einstellung zum Lernen und die intrinsische Motivation wirken positiv. Zeitdruck und Stress, besonders zu beachten bei Berufstätigen, reduzieren Diskussionsbeiträge.
- Soziale Faktoren wie die Beziehungsqualität, ein wertschätzendes Austauschklima und die Präsenz der Lehrenden, die Aktivität, die Moderation der Lehrenden sind ein Anker für die Beteiligung der Studierenden.
- Pädagogische Faktoren wie die Art der Aufgaben in der Lehrveranstaltung, deren Anreiz und wie bewertet wird, also auch die Frage ob Beiträge zu Fachdiskussionen freiwillig sind oder die themenrelevanten Diskussionen in die Leistungsbeurteilung einfließen, spielen eine Rolle.
- Schließlich wirken auch technologische Faktoren, die Online-Lernumgebungen attraktiver machen, wie Farben, Bilder, Texte, Videos oder Likes für Forenbeiträge auf die Diskussionsfreudigkeit ein.
Soweit zu dem Wissen, das Lehrende nutzen können, um Kommunikation und Interaktion in Online-Räumen zu verstehen. Was aber kann ich konkret tun, wenn es in meiner Lehrveranstaltung lebendig zugehen soll? Ich habe hier meine Favoriten, einige To Do’s aus meiner persönlichen Erfahrung in Online Kursen von bis zu 70 Studierenden zusammengestellt:
Lebendige Online-Diskussionen erwünscht? Das können Sie tun!
- Ermöglichen Sie das Ankommen und Kennenlernen: Eine Vorstellungsrunde vielleicht sogar in Form von Videos, Fotos oder Bildern initiieren oder Themenimpulse setzen und persönliche Positionen dazu erfragen. Kein Präsenzseminar, auch keine Projektgruppensitzung, kommt ohne Vorstellungsrunde ohne „Wer bin ich, woher komm ich und was tu ich hier“ aus!
- Leben Sie wertschätzende und freundliche Umgangsformen vor: Sprechen Sie die Personen mit Namen an, insbesondere wenn Sie Antwortpostings verfassen!
- Lassen Sie die Leute sichtbar werden, aus der Anonymität hervortreten, ihr Gesicht zeigen! Dulden Sie keine anonymen Profile und schreiben sie die Personen, wenn nötig direkt an. Mit den gängigen Lernmanagementsystemen ist das über die Teilnehmer_innenlisten kaum ein Aufwand. Stellen Sie Fragen, die zum individuellen Antworten einladen. Fördern Sie keine Online-Versteckspiele, in dem Sie die Studierenden ausschließlich in Gruppen arbeiten lassen.
- Moderieren Sie proaktiv: Wie würden Sie als Moderator_in nach dem Wochenende in einem Präsenz-Seminar den Teilnehmer_innen den Einstieg erleichtern: Zusammenfassen, was schon passiert ist oder einfach mit einem neuen Thema beginnen?
- Machen Sie klar was Sie erwarten: Form, Länge und auch inhaltliche Aspekte von Diskussionsbeiträgen. Von „Hier ist Platz für Ihren Beitrag!“ bis „Nehmen Sie Stellung zu XY und fassen Sie Ihre Meinung in maximal 300 Wörter!“ ist viel Gestaltungsfreiheit.
- Schöpfen Sie aus der Vielfalt der verfügbaren Medien: Schaffen Sie Abwechslung durch die Wahl der eigenen Medien und geben Sie auch den Studierenden die Möglichkeiten, mit verschiedenen Medien aktiv zu werden (Videos nutzen, Text schreiben, Kommentare verfassen, Kritik formulieren, die Möglichkeit sich anonym zu beteiligen, …)
- Hinterfragen Sie Ihr Mindset: Will ich, dass die Studierenden die Inhalte kritisch hinterfragen und etwa auch auf Praxistauglichkeit abklopfen, würde ich im Fall einer kritischen Anmerkung auch bereit sein, etwas zu ändern oder will ich vielleicht gar nicht wissen, wie die Lerninhalte bei den Studierenden ankommen?
- Beziehen Sie Diskussionsbeiträge in die Beurteilung ein: Wenn die kritische Auseinandersetzung zu einem Thema, das Online Engagement oder die Mitarbeit zu den Lernzielen gehören, dann überlegen Sie ruhig, Diskussionsbeiträge auch als Leistungen zu bewerten.
Zukünftige Akademiker_innen müssen es schaffen, sich in eine größere Diskussion einzubringen, die eigene Stimme zu erheben und eine persönliche Meinung zu sagen und damit einen Beitrag zu einer offenen demokratischen Gesellschaft zu leisten. Dabei sind individuelle Hürden, die in Form von mangelndem Selbstwert daherkommen und andere Hemmungen und Hinderungsgründe, zu überwinden. Überlegen, experimentieren, ausprobieren, reflektieren und argumentieren:
Wo wäre ein besserer Ort genau das zu tun, wenn nicht an unseren Hochschulen?
Und da wir uns nachweislich besonders gut emotional und humorvoll verpackte Informationen merken, hier zum Abschluss ein paar witzige aber ernstzunehmende …
„Todsichere Tipps“,
die garantiert jegliches „Geschwätz“ in Ihrem Online-Kurs verstummen lassen:
- Reagieren Sie nicht auf Fragen!
- Reagieren Sie nicht auf Kritik!
- Stellen Sie selbst keine Fragen, die Leute dazu verführen könnten, Antworten zu schreiben!
- Verharren Sie ruhig und gelassen in der Rolle der Beobachter_in!
- Sehen Sie zu, wie die Unterhaltung in Ihrem Online-Kurs mehr still als gelassen in Ruhe dahinfließt, um dann kurz vor einer möglichen Abschlussprüfung oder vor Abgabe einer Abschlussarbeit nochmal aufzuschrecken. Aber nur, um ein, zwei kurze Fragen zu klären: „Was von den Lehrmaterialien ist denn nun wirklich prüfungsrelevant?“ und „Könnte man da nicht auch noch den Prüfungsstoff etwas einschränken?“. Aber wie Sie solche Fragen auf jeden Fall vermeiden können, das ist schon wieder eine nächste Geschichte …
Literatur: