Wissenschaftliches Arbeiten

Abschlussarbeiten schreiben – Ja, es gibt zu allen Themen Literatur!

lesende Frau die auf Bücherstapel sitzt

Zuerst mal eine kurze Zusammenfassung der letzten beiden Blogbeiträge: Mir ist aufgefallen, dass mir meine Eltern kein Geld mehr schenken und ich will jetzt meine Abschlussarbeit dazu schreiben. Durch Fakten und Statistiken habe ich in der Einleitung zu meiner Problemstellung und damit Forschungsfrage hingeführt, die da lautet: „Welche Bedeutung haben Geldgeschenke im Familienkontext?“.

Jetzt geht es also ans Eingemachte der Abschlussarbeit – den Theorieteil, in der die Forschungsfrage beantwortet wird. Aber wie komme ich zu diesem Theorieteil? Hier ist das um und auf die Literatur und damit verbunden natürlich eine entsprechende Literatursuche. Dabei muss man aber aufpassen, welche Literatur man verwendet, weil nicht alles was man so findet, auch wirklich wissenschaftliche Literatur ist. Und ich schreibe ja eine wissenschaftliche Abschlussarbeit, daher sollten die verwendeten Quellen auch wissenschaftlich fundiert sein.

Wie erkennt man nun wissenschaftliche Literatur?

Also wenn es so salopp geschrieben ist, wie dieser Blog-Beitrag, dann kann man schon mal davon ausgehen, dass das völlig unwissenschaftlich ist und nur auf der Meinung der Verfasser_innen beruht. Auch Selbsthilfebücher und Praxisratgeber sind keine wissenschaftliche Literatur (auch wenn diese von Wissenschaftler_innen verfasst wurden). Meist erkennt man das schon am etwas reißerischen Titel. Oder soll ich wirklich glauben, dass ein Buch mit dem Namen „Erfolgreich Taschengeld verhandeln“ wissenschaftlich ist? Aber vielleicht kann ich diesen Ratgeber ja schreiben, nachdem ich mit meiner Abschlussarbeit fertig bin.

Also was ist jetzt wissenschaftliche Literatur?

Wissenschaftliche Literatur bezieht sich immer auf andere wissenschaftliche Literatur und untermauert durch diese die aufgestellten Behauptungen. Das heißt, hier muss zumindest ein Literaturverzeichnis vorliegen. Wissenschaftliche Literatur wird auch in wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert und die darin enthaltenen Artikel werden von einer Fachjury beurteilt. Daher sollte man bei Zeitschriften nachsehen, ob diese ein peer-review-Verfahren haben oder nicht. Aufgepasst, Abschlussarbeiten beziehen sich zwar auf andere Literatur und sollten wissenschaftlich sein, sind aber trotzdem keine geeigneten Quellen. Immerhin weiß kein Mensch wie gut diese Abschlussarbeiten tatsächlich sind.

Und wo findet man diese wissenschaftlichen Artikel jetzt?

Naja, im Internet, weil man dort ja bekanntlich fast alles findet. Zum Beispiel gibt es Google Scholar, also ein Google für wissenschaftliche Literatur. Aber es gibt auch an allen Hochschulen Literaturdatenbanken, auf die man online zugreifen kann bzw. wo man vor Ort die gefundenen Artikel auch herunterladen kann.

Wichtig bei der Literatursuche ist, dass man gute Suchbegriffe eingibt und dazu gehört vor allem auch, dass man auf Englisch sucht. Die Wissenschaftssprache ist derzeit nun mal Englisch, daher führt da kein Weg drum rum. Für meine Forschungsfrage „Welche Bedeutung haben Geldgeschenke im Familienkontext?“ wären „money as present“ oder „money as gift“ erste Suchbegriffe, mit denen ich den ersten Wissensdurst stillen kann. Später sollte die Suche natürlich systematischer erfolgen.

Die Gliederung ist wichtig

Und da kommen wir schon zur Wichtigkeit, sich vorab eine Gliederung des Theorieteils zu überlegen, damit man systematisch suchen kann. Dazu überlegt man sich, welche Themen in der Abschlussarbeit relevant sind. Bei meiner Forschungsfrage sollte ich auf jeden Fall ein Kapitel haben, in dem Familie usw. definiert wird, dann sollte noch enthalten sein, was unter Geld und was unter Geschenken verstanden wird. Dann geht es weiter zu Themen, die mehr auf die Forschungsfrage eingehen. Vielleicht passt da ja etwas von dem ich schon mal im Studium gehört habe, wie zum Beispiel altruistisches Verhalten und weitere dazugehörige Themen. Also kommt noch ein Kapitel, das altruistisches Verhalten behandelt und welche Faktoren dieses beeinflussen. Die Norm der Reziprozität könnte in diesem Fall eine wichtige Theorie aus der Sozialpsychologie sein. Nachdem die grobe Gliederung aufgestellt ist, kann ich schon viel systematischer mit Begriffen wie „who is family“, „what is money“, „what ar presents/gifts“„altruistic behavior“, „reciprocity in familiy“ usw. nach geeigneter Literatur suchen und finde diese wahrscheinlich auch. Auf jeden Fall kann sich die Gliederung noch ändern, je nachdem welche weiteren Themen bei der Suche aufpoppen. Jedoch, auch wenn der Artikel noch so interessant ist er aber eigentlich nicht zur Beantwortung der Forschungsfrage beiträgt, dann weg damit! Manchmal muss man sich halt einfach trennen, auch wenn es weh tut.

Was tun, wenn man keine Literatur findet?

Oft höre ich von Studierenden, dass es zu ihrem Thema überhaupt keine Literatur gibt. Das habe ich bisher aber noch nie erlebt. Klar wird die vorangestellte Forschungsfrage manchmal in keinem Artikel explizit behandelt und beantwortet oder es gibt keine Studien, die im eher unwichtigen Österreich durchgeführt wurden. Aber das wäre ja auch zu einfach, oder? Man muss daher mit dem Thema verwandte Literatur, zum Beispiel aus anderen Ländern, finden und diese verwenden. Meist ist das Eis gebrochen, wenn man mal einen passenden Artikel gefunden hat. Dann kann man im Literaturverzeichnis des Artikels meist weitere passende Artikel finden und man kann auch suchen, in welchen Artikeln, der vorliegende Artikel zitiert wurde. Wahrscheinlich passt da auch die eine oder andere Quelle zur eigenen Forschungsfrage. Tatsächlich wird die Forschungsfrage erst in der Diskussion beantwortet. Wie das schon wieder geht, ist aber sicher einen eigenen Blogbeitrag wert.

Was tue ich mit der gefundenen Literatur?

Also zurück zur Literatur, die wir nun doch gefunden haben. Hier ist es sinnvoll, diese zu lesen und kurz das Wichtigste in eigenen Worten zusammenzufassen, so dass man sich halt auskennt, worum es geht und was dabei wichtig ist. Und dann sollte man das Gefundene auch schon nach der vorgenommenen Gliederung in eigene Stapel ablegen. Am besten verwendet man dazu von Anfang an ein Literaturverwaltungsprogramm, wobei ich Zotero sehr empfehlen kann und auch selbst für meine wissenschaftlichen Arbeiten verwende. Nichts ist nerviger als zu wissen, dass man etwas irgendwo gelesen hat und den dazugehörigen Artikel einfach nicht mehr finden kann. Eine gut befüllte und organisierte Zotero-Datenbank wirkt hier Wunder.

Hat man jetzt ausreichend Literatur zusammengefasst, ist das Verfassen des Theorieteils keine Hexerei mehr. Obwohl doch, halt, auch hier gibt es ein paar Sachen, die beachtet werden sollten, auf die ich in meinem nächsten Blogbeitrag eingehe.

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