Online Lehre

Was können wir vom Distance Learning in der Schule lernen?

Schüler vor PC mit Homeschooling Plan

Im Zuge der Maßnahmen zur Eindämmung von SARS-Covid2 war es erforderlich den Schulbetrieb innerhalb weniger Tage von der Präsenz- in die Fernlehre zu verlagern. Inzwischen sind drei Monate vergangen und seit 18. Mai werden die Schüler_innen der Volks- und Unterstufe zumindest an manchen Tagen wieder vor Ort unterrichtet.

Ich könnte jetzt einen langen Bericht darüber schreiben, wie es mir als Mutter in dieser Zeit des Distance Learning Schulbetriebs ergangen ist. So ein „Rant“ würde zwar meiner psychischen Gesundheit guttun, der Nutzen für Sie wäre aber vermutlich überschaubar.

Viel mehr möchte ich meine Reflexionen aus der Perspektive einer Hochschullehrenden, die sich seit über acht Jahren mit Distance Learning beschäftigt hier teilen. Ein besonderes Augenmerk möchte ich darauflegen, was wir in der Online-Hochschullehre von der Schule lernen können:

1. Strukturierung

Eine goldene Regel im Distance Learning an der Hochschule ist, dass die Studierenden von Beginn der Lehrveranstaltung an, alle Arbeitsaufträge, die Sie für diese LV erfüllen sollen, genau kennen. Besonders für Studierende, die berufsbegleitend studieren, ist das wichtig, um sich die Zeit einteilen zu können.

In der Schule hingegen verhält es sich anders: Die Arbeitsaufträge müssen gut portioniert sein. Je jünger die Kinder, desto kleinere Einheiten sind hier erforderlich. Auch der Planungshorizont ist ein anderer. Meine Erfahrung war, dass große Arbeitsaufträge, für die sie mehr als eine Woche Bearbeitungszeit hatten, leicht vergessen wurden. Zwar lernten die Kinder dadurch To-Do-Listen mit Abgabedaten zu erstellen, was wiederum Meta-Kompetenzen wie Organisationsfähigkeit förderte, vor allem aber anfangs war viel Unterstützung der Eltern erforderlich. Kleinere Portionen hingegen förderten die Motivation und gaben den Kindern leicht und rasch Erfolg, was sich positiv auf die Stimmung und die Arbeitsdisziplin auswirkte.

Das Learning für Distance Learning in der Hochschule:

Die goldene Regel gebe ich nicht auf. Aber kleinere Portionen an Arbeitsaufträgen verhelfen auch Studierenden zu schnellen Erfolgen und damit Motivation, wie auch schon Ingrid Wahl hier beschrieben hat. Die weitaus größere Selbstorganisationsfähigkeit und Flexibilität bei Erwachsenen hingegen ermöglicht mehr Spielraum bei größeren und längerfristigen Arbeitsaufträgen.

2. Feedback

Wir alle wissen: Spezifisches und möglichst individuelles Feedback ist für unsere Studierenden besonders wichtig. Was ich aber bei meinen Kindern im Distance Learning noch gelernt habe: Rasches Feedback ist noch wichtiger. Rasches Feedback auf Abgaben hatte einen großen Einfluss auf die Motivation der Kinder. Der Arbeitsaufwand für Lehrer_innen mit mehr als 25 Schüler_innen in einer Klasse und mehreren Klassen ist natürlich immens. Hier zeigte sich für mich jedoch, dass das konkrete Feedback weniger wichtig war, sondern eine rasche Rückmeldung verbunden mit aufmunternden Worten als Anerkennung für die erbrachte Leistung gut wirkte. Die Korrektur und Verbesserungshinweise können dann später nachgeliefert werden.

Das Learning für Distance Learning in der Hochschule:

Auch in der Hochschullehre können wir rasches kurzes Feedback geben, das gibt Anerkennung für die Leistung und fördert die Motivation. Das detaillierte und spezifische Feedback kann zu einem späteren Zeitpunkt nachgeliefert werden, spätestens jedoch rechtzeitig für die Prüfungsvorbereitung.

3. Etablieren & Pflegen der sozialen Beziehung

Das war ein großes Problem für die Kinder: die sozialen Beziehungen zu den Klassenkolleg_innen und den Lehrer_innen während der geschlossenen Schule fehlten komplett. Mit der Zeit begannen dann die ersten Lehrer_innen mit Chats und Webkonferenzen und diese direkte Interaktion schaffte wieder eine stärkere Bindung in der Klassengemeinschaft. Auch schriftliche Chats mit Small Talk waren hier sehr hilfreich. Aufmunternde Worte von Lehrer_innen lockerten die Kommunikation, die anfangs ausschließlich von Arbeitsaufträgen geprägt war, auf.

Das Learning für Distance Learning in der Hochschule:

Dem Small Talk und der sozialen Kommunikation genügend Zeit und Raum geben. Die Kommunikation sollte nicht immer nur auf organisatorische und fachliche Aspekte fokussiert sein. Für den Lernerfolg ist die soziale Beziehung zu den Lehrenden und den Kolleg_innen ebenso wichtig. Auflockernde und aufmunternde Worte in Webkonferenzen oder schriftlichen Chats wirken einfach und schnell.

Learning für Distance Learning in der Schule:

Gruppenarbeiten, wie sie bei uns an der FernFH viel eingesetzt werden, stärken ebenfalls die sozialen Beziehungen zu den Klasssenkolleg_innen. Virtuelle Gruppenmeetings und Gruppenchats ohne Lehrer_in entlasten die Lehrer_innen und fördern die Zusammenarbeit in der Klasse.

4. Technische Ausstattung & Support

Wie wichtig dieser Aspekt ist, hat diese Zeit wieder gezeigt. Sowohl bei den Lehrer_innen als auch bei den Schüler_innen musste die technische Ausstattung erst aufgebaut werden. In vielen Schulen haben die Lehrer_innen nur wenig technischen Support. Zu Hause kann man auch nicht davon ausgehen, dass jedes Kind ein entsprechendes Endgerät hat und Eltern, die damit umgehen können. Ohne dieser Ausstattung ist es aber wirklich sehr schwierig.

Die Rolle der technischen Ausstattung und des Supports in der Online Lehre habe ich an dieser Stelle schon einmal erwähnt. Inzwischen hat die Regierung auch reagiert und kündigt hier Verbesserungen in den Schulen an.

Das Learning für Politik und Schulverwaltung:

Dieser Aspekt ist für alle Kinder und Lehrer_innen bereits in der Volksschule enorm wichtig. Ausstattung und Support müssen für ein gelingendes Distance und E-Learning in den Schulen unbedingt ausgebaut werden.

Strukturierung, Feedback, Pflegen der sozialen Beziehung und die technische Ausstattung, das sind jene Faktoren aus der Zeit der Home Schooling Phase, die ich abgesehen von der persönlichen Überforderung und Überlastung für meine berufliche Tätigkeit mitnehmen konnte.

Lassen Sie mich wissen, welche Erfahrungen Sie als Absolvent_in, Studierende_r, Kolleg_in und auch Interessent_in der FernFH als Eltern in dieser Zeit gemacht haben. Ich freue mich auf Ihre Kommentare!

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